In Wettbewerben können Studenten eigentlich nur gewinnen – wenn sie darauf achten, nicht allzu viele Fehler zu machen und auch der Spaß dabei nicht zu kurz kommt. Autorin Rebecca Weyers sagt, worauf es ankommt.
Längst ist das universitäre Arbeiten aus Bibliotheken und Hörsälen hinaus in die Praxis gelangt, wo engagierte Studenten Wettbewerbe aller Art finden können. Die Angebote werden immer spezifischer, sodass für jede Zielgruppe etwas dabei ist.
Doch oft ist die Scheu groß, denn Anmelden heißt Leistung beweisen. Leistung nicht beweisen, heißt versagen. Stefan Dascalescu kennt diese Angst und die daraus resultierende Gleichgültigkeit. Er kommt aus der Gastronomie, hat eine Ausbildung zum Hotelkaufmann gemacht und ein BWL-Modul obendrauf gesetzt. Heute coacht er Karriere-Interessierte aus allen Bereichen.
Er kennt die Schwierigkeit, sich als schüchterne Persönlichkeit mit anderen messen zu wollen: „Dabei braucht jedes Team einen Geduldigen. Stille Beobachtung ist oft wichtiger als ein zu dominierender Führungsstil. Denn da werden oft Details übersehen“. Wichtig sind Enthusiasmus und eine gute Mischung aus Selbstbewusstsein und realistischer Erwartungshaltung.
„Ich bin überzeugt, dass man einfach einmal mehr aufstehen muss, als man hinfällt“, sagt Mirco. Vor einem Jahr nahm er am Studentenwettbewerb Finance-Award der Postbank teil. „Forschen – wie geht das eigentlich?“, war die Frage, die sich der 27-Jährige und zwei Studienfreunde stellten, als sie sich an die Arbeit machten. Das Forschungsthema hieß „Geldanlage bei Inflationsrisiken und politischen Risiken“.
„Es war vor allem das Thema, das uns aus der Reserve gelockt hat“, sagt der 25-jährige Anatoly. Auch er nahm mit drei Kommilitonen am Award teil. „Wir hatten ein gemeinsames Ziel und Teamspirit. Wir haben es geschafft, gemeinsam Kräfte freizusetzen, von denen ich nie gedacht hätte, dass man sie haben kann.“ Anders als in Klausuren ist er im Wettbewerb auf die Gruppe angewiesen. Der passionierte Schachspieler war Teil eines Ganzen. „Es ist ganz anders als das universitäre Arbeiten. Im Team hatte jeder ein Spezialgebiet und es gab ein inspirierendes Umfeld, das uns stetig ein Stück weiter gebracht hat“, sagt Anatoly. Genau darum geht es: Entdeckersinn, Kooperation, Engagement und soziale Kompetenzen.
Diese Soft Skills sind – wenn auch manchmal unter anderen Begriffen – die meistgeforderten Qualifikationen in Stellenausschreibungen. Es ist das Zwischenmenschliche, das einen Bewerber zu einem wertvollen Mitarbeiter macht. Darum heißt es „Mit“ und nicht „Zu“ oder „Selbst“. In Studentenwettbewerben soll genau das gefördert werden: Bewusstsein für die Wichtigkeit eines gut interagierenden Teams.
„In Teamwettbewerben profitieren alle von den Stärken der anderen. Darum fördern sie sozialen Austausch und Selbstbewusstsein“, sagt Karriere-Coach Dascalescu. Dabei müssen Aufgaben delegiert, Fähigkeiten entdeckt und Mitstreiter motiviert werden.
Mirco war Mathematik-Student an der Uni Regensburg, als er am Wettbewerb teilnahm. Seine Gruppenkollegen Michael und Herbert waren Wirtschaftsstudenten. Unter Mathematikern, sagt er, gäbe es das Vorurteil, BWLer wollen viel Geld verdienen, wissen aber eigentlich nicht, wie sie das anstellen sollen – also studieren sie Wirtschaft. Auch Mirco war keineswegs weit entfernt von dieser Meinung. Bis er Michael und Herbert beim Wettbewerb in der Projektarbeit in seinem eigenen Element, der Mathematik, erlebte: „Sie hatten auch erstaunlich gute mathematische Ideen, die dafür gesorgt haben, dass ich meine BWL-Vorurteile nicht mehr halten konnte – zumindest den beiden gegenüber“, sagt er.
Oft bereiten solche Wettbewerbe Studenten praxisnah auf Abschlussarbeiten vor. „Man muss Deadlines einhalten, intensiv recherchieren und letztlich soll man ein gutes Ergebnis bringen“, fasst Florian zusammen. Er ist BWL-Bachelor-Student an der Uni Mannheim. Seit längerem organisiert er mit der Studenteninitiative MFCC den „War of talents“ – einen Wettbewerb, bei denen Wirtschaftsstudenten zusammen mit Unternehmen Case Studies bearbeiten. „Man nimmt eine ganze Menge mit – egal, ob man verliert oder nicht.“
Denn wer mitmacht, zeigt sich engagiert - und genau das wollen Arbeitgeber heute sehen. „Die Aussage, Bewerber sollten sich abheben, ist kein Blabla“, sagt Dascalescu. Interesse für ein Fach zeigen vor allem die Studenten, die sich auch praktisch damit beschäftigen. „Ich glaube, eine Teilnahme an einem oder mehreren Studentenwettbewerben kommt dem Wert eines längeren Auslandsaufenthalts gleich.“
Egal, für welchen Wettbewerb ein Student sich entscheidet: Ein gutes Maß an Verbissenheit, kombiniert mit dem Bewusstsein, dass die Teilnahme freiwillig und Freizeit ist – das ist der Schlüssel. „Ich hatte viel Spaß, als wir im Thema drin waren und gemerkt haben, wie gut wir als Team funktionieren. Da waren wir einfach sehr beflügelt“, erzählt Anatoly.
Aber welche Fehler können da passieren? „Schlechte Organisationsstruktur, fehlende Sicherheitspuffer und Unehrlichkeit“, sagt Anatoly knapp. Tatsächlich ist Zeitmanagement wesentlich, egal ob bei einem kurzen Veranstaltungswettbewerb oder bei einem Wettbewerb mit langer Bearbeitungszeit. „Wir waren zeitlich flexibel“, sagt Mirco. Zwar hatten er und seine Gruppe ein ungefähres Zeitraster, „in der letzten Woche haben wir trotzdem so viel wie noch nie an der Ausarbeitung gearbeitet. Es war kurz vor knapp.“
Ehrlichkeit, Schwächen zugeben, Aussprechen, wenn man etwas nicht hinbekommt, nicht eitel oder stolz sein: all das gehört zur Teamarbeit dazu. „Die anderen können einen dann motivieren, wenn man durchhängt und den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.“, sagt Mirco.
Coach Dascalescu empfiehlt, sich gut zu informieren, bevor man sich für einen Studentenwettbewerb anmeldet. „Im Internet suchen und bei Freunden, Verwandten und Professoren nachfragen. Meist hat irgendwer schon Erfahrungen mit einem Wettbewerb gemacht.“ Und wer schon mal an einem Studentenwettbewerb teilgenommen hat, wird wissen, wie sehr man von den Erfahrungen anderer profitieren kann.